Langes Haar, einfach da und wunderbar!?
Gewiss, ich habe ihnen Beachtung geschenkt, habe sie gemocht, sie regelmäßig schneiden, stufen und strähnen lassen. Auch die Bemerkungen der Friseure nach meiner “Masse von Haaren, die danach schreit hemmungslos durchgestuft zu werden” hörte ich mit stolzem Wohlwollen.
Über einen langen Zeitraum hinweg sahen meine Haare recht homogen aus: Die Länge um die Schulter oder etwas darüber, die Farbe ein (künstlich nachgeholfenes) goldenes Blond, entweder vom Friseur in Form von vielen blonden Strähnchen erzielt, oder selbst per Blondspray verpasst.
Viel länger als schulterlang ließ ich nicht wachsen, da ich mich a) langhaarig genug fühlte und b) die Spitzen durch die Blondierungen derartig in Mitleidenschaft gezogen wurden, dass ein Schnitt dann und wann unumgänglich wurde.
Das war mir aber herzlich egal, denn die Haare wuchsen ja brav vor sich hin, da spielten einige Zentimeter mehr oder weniger keine Rolle, genauso wenig wie meine Haare die große Rolle in meinem Leben spielten.
Im Juni 2011 sollte sich das schlagartig bei einem nächtlichen Blick in den Spiegel ändern. In einer vagen Vorahnung, dass beim Durchfahren meiner Haare mit den Fingern etwas nicht stimmte, trat ich den Marsch vor den Spiegel an und sah zwei große, völlig haarlose, kreisrunde Stellen auf meiner Kopfhaut. Ein Handspiegel verriet mir die Existenz einer weiteren, noch viel größeren Stelle in meinem Nacken.
Erstaunlicherweise blieb ich recht ruhig, war eher gebannt vor Schrecken als panisch.
Man kann sich vorstellen, wie ich die Nacht verbrachte: Vor dem Rechner sitzend, Mr. Google nach allen Infos über “Alopecia Areata”, so heißt der kreisrunde Haarausfall, befragend und mir vorsichtig über die nackte Kopfhaut streichend.
Die Stellen wurden Tag für Tag, Woche für Woche mehr, aber durch meine vormals vielen Haare konnte ich den Haarausfall gut kaschieren. Nur Offentragen ging natürlich nicht mehr, denn Wind und Regen waren meine Feinde.
Körperlich tat der Haarausfall nicht weh, aber seelisch schon. Mein Haar, was ich immer als selbstverständlich gegeben erachtet hatte, hatte mir quasi den Mittelfinger gezeigt. So jedenfalls fühlte es sich an.
Nach einigen Monaten trat Ruhe ein und die Stellen wuchsen nach. Mit jedem Haar, welches nachkam und ich, innerlich jubelierend, willkommen hieß, änderte sich die Wertschätzung, die ich ihnen entgegenbrachte.
Hatte ich das Aufhellen anfangs einzig und allein aus der Angst heraus, den “neuen” Haaren zu schaden, unterlassen, wuchs nach und nach der Wunsch nach Veränderung in mir.
Ich wollte meinen Haaren einen Boden geben, auf dem sie sich wohlfühlen sollten. Und ich wollte lange Haare.
Demensprechend begann ich mich für Haarpflege zu interessieren, stöberte im Netz und stieß auf das LHN.
Der Rest ist Geschichte: Ich stellte meine Haarpflege auf Naturkosmetik um, ließ meine Naturhaarfarbe nach 15 Jahren des Blondierens ans Tageslicht und lasse seitdem meine Haare wachsen. Das Ziel: Keine Ahnung, denn ich trug mein Haar ja noch nie lang genug um zu wissen, welche Länge mir am besten steht. :-)
Signaturlook über viele, viele Jahre: Blondiert und gestuft |
Naturhaarfarbe und auf dem Weg nach Länge. |
Auch ist die Angst vor Rückfällen des Haarausfalls nicht gebannt, denn jedes Jahr entdecke ich eine kleine kahle Stelle, die mir vor Augen führt, dass meine Haare keine Selbstverständlichkeit sind. Glücklicherweise beschränkt es sich immer auf eine sehr kleine Stelle pro Jahr. Unschön, unnötig, aber verglichen mit dem Horrorjahr 2011 bin ich dankbar, dass es sich bis dato in diesem Rahmen hält.
Dankbar bin ich auch für die vielen Anregungen, den Input und die Veränderungen, die dieser Haarausfall bewirkt hat, auf vielen unterschiedlichen Ebenen.
Warum also lange Haare? Weil sie etwas Besonderes sind. Weil sie nicht selbstverständlich sind. Weil es ein tolles Gefühl ist, wenn sie einen an den Armen kitzeln. Weil sie, entgegen der Ansicht vieler, pflegeleicht sind: Hoch zum Dutt und fertig.
Weil ich sie genieße.
Hier die Beiträge der Bloggerinnen, die noch mitgemacht haben:
Schümli, Nrsss, Anita, Sciura Venusta, Sara, Schneeweisschen und Rosenrot, Nymeria, Flicksi, Penny, Valandriel Vanyar, Nihal, Kitty-Curl und
Jenny
18 Comments
Wow, tolle Geschichte und so gut geschrieben! Wünsche dir dass sich deine langen Haarträume schnell erfüllen!
15. Mai 2015 at 7:29Oh, ganz lieben Dank, durchschnitt, freut mich sehr! :-)
15. Mai 2015 at 8:42Hallo Meike!
Ich freue mich gerade sehr, dass ich deinen Blog über das Flechtwerk finden durfte, er gefällt mir sehr gut, vor allem dein Schreibstil :-)
Werde definitiv regelmäßig bei dir reinschauen.
Alles Liebe,
15. Mai 2015 at 7:41Schümli
Hallo Schümli,
und ich freu mich über das tolle Kompliment! Dankeschön! :-) Hatte schon ein wenig Bammel einen so persönlichen Blogpost zu veröffentlichen, zumal mein Blog noch recht "neu" ist. Aber toll, wenn es gefällt.
Ganz liebe Grüße
15. Mai 2015 at 8:47Meike
Hallo Meike!
15. Mai 2015 at 10:21Deine Naturhaarfarbe steht dir soo gut!
Ich wünsch dir weiterhin gutes Wachstum und Gesundheit deiner Haare :)
Oh, vielen Dank liebe MissMut!
15. Mai 2015 at 10:27Ja, finally habe ich mich mit meiner NHF angefreundet, auch wenn ich sie Ewigkeiten gar nicht mochte.
Danke für die lieben Wünsche! :-)
Hi Meike,
15. Mai 2015 at 15:15ich finde deinen Beitrag echt sehr gelungen und wünsche dir alles Gute auf deinem Weg zu langen gesunden Haaren. ;-)
Danke Sara!
15. Mai 2015 at 15:35Tja, man weiß natürlich nie, was kommt, aber ich hoffe aufs Beste! :-) Hab einen tollen Tag, ich hoffe die Sonne scheint bei Dir auch so schön wie hier in Berlin!
LG
Meike
Ja bei uns ist das Wetter auch der Hammer :-).
15. Mai 2015 at 15:57Ich hab auch einen Beitrag dazu geschrieben, aber mein Kommentar unter dem Post von hasenussblond ist leider immer noch nicht sichtbar. Kannst bei mir ja auch gern mal vorbeischauen :-)
Lg Sara
Die Naturhaarfarbe steht dir VIEL besser!! :) Da kommt deine hübsche Augenfarbe viel besser zur Geltung! Gut das der Kreisrundehaarausfall so unspektakulär wieder aufhörte.
15. Mai 2015 at 18:15Das freut mich sehr, dass Du das sagst, liebe Lenja! Mittlerweile mag ich meine NHF auch. Der kreisrunde HA ist ja ab u an noch da, aber nicht mehr so tragisch…Damit kann ich leben! :-)
15. Mai 2015 at 18:28Was für eine Geschichte, ich hatte echt Gänsehaut beim Lesen. Ich bin ja so froh, dass das bei Dir so gut ausgegangen ist und Dich kaum noch beeinträchtigt. Ich drücke Dir ganz fest die Daumen, dass es mind. so bleibt oder noch besser ganz aufhört!
16. Mai 2015 at 7:19Deine HF finde ich ebenfalls wunderschön und ich bin gespannt, zu welchen Längen Du noch kommen wirst!
Danke liebe Anita! :-)
16. Mai 2015 at 7:43An Deine Haarmassen/Länge werde ich wohl nie herankommen, aber ich hoffe auch, dass sich der blöde HA mal ein paar Jahre lang gänzlich verzieht.
Was einen so fertigmacht, ist eben das Unberechenbare, es gibt keine Faktoren, die man ein-oder ausschalten könnte.
LG! :-)
Bei der Masse könntest Du Dich täuschen ;) Ich hatte die letzten eineinviertel Jahre Haarausfall und nun sinds 20% weniger. Mein ZU ist von 9cm auf 7.8cm geschrumpft. Anhand des Neuwuchses mache ich mir grosse Hoffnungen, dass der ZU sich auf Dauer erholt, aber bis das unten ist dauerts ein paar Jahre.
16. Mai 2015 at 20:02Das mit dem Unberechenbaren kann ich absolut nachvollziehen und ich hoffe, dass der HA nie wieder zurückkommt, das war dermassen schrecklich.
Das wünsche ich Dir! Keinen HA mehr und schnelles Wachstum des Neuwuchses nach unten. Sofort! :-)
16. Mai 2015 at 20:15Dankeschön – Deine Worte in des Haargottes Ohr ;)
17. Mai 2015 at 15:30Liebe Meike, Deine "Haargeschichte" und Dein Mut, Deine Geschichte öffentlich zu erzählen, haben mich sehr beeindruckt. Ich drücke Dir die Daumen, dass der Kreisrunde-Haarausfall irgendwann ganz weggeht. Nun sehe ich meine Haare, die mich immer nerven, weil sie nie richtig sitzen, aus einem ganz anderen Blickwinkel. Liebe Grüße 11iE
4. Oktober 2015 at 20:15Vielen Dank für Deine lieben Worte!
Ja, es war merkwürdig für mich, so eine persönliche Geschichte aufzuschreiben, aber letztendlich ist es ja eine Krankheit und nichts, wofür ich mich schämen müsste. Immerhin sind ca 1 Million Leute in D betroffen, so selten ist sie also gar nicht. Außerdem finde ich es schön, so vielleicht Einigen Mut machen zu können, dass es vorübergehen/ sich stark verbessern kann.
Ganz liebe Grüße an Dich!
4. Oktober 2015 at 21:00